Die Passer (2016)

In Südtirol endet die Schonzeit für Salmoniden bereits mitten im Winter, genauer am zweiten Samstag im Februar. Für die ganz harten unter uns ist dieser Termin Pflicht und dick vermummte Fliegenfischer aus allen Herren Ländern tummeln sich zu Saisonbeginn an den oft noch schneegesäumten Flussläufen von Etsch und Passer.  Aber der Winter kann auch in Südtirol hart und lang sein. Die Fischerei im Februar ist deshalb meistens weder sonderlich aufregend noch anspruchsvoll. Mit schweren Goldkopfnymphen oder Streamern durchpflügt man das seichte Wasser in der Hoffnung auf aktive Fische.

Ab Mitte März wird es dann aber langsam Frühling, die Tage werden schnell länger, in den Tälern setzt die Schneeschmelze ein und lässt den Wasserspiegel auf ein akzeptables Niveau ansteigen. In die Flüsse kehrt das Leben zurück. Um die Mittagszeit kann man regelmäßig teils ausgedehnte Schlüpfe verschiedener Eintagsfliegenarten, allen voran Large olive dun beobachten. Steigende Forellen sind nun keine Seltenheit mehr und gestalten die Fischerei interessant und abwechslungsreich. 

Dabei ist die Passer, zumindest auf den ersten Blick, wahrlich keine Schönheit. Fast bolzengerade schießt sie durchs Passeiertal. Ihr Bett ist zerfurcht von unzähligen, teils riesigen Felsbrocken, die eine vernünftige Fischerei nur stellenweise zulassen. Das beinahe eiskalte Wasser durchfließt  kleinste Taschen, Becken und Minipools. Alle paar Meter kommt ein Absturz oder eine Rausche um den gewaltigen Höhenunterschied vom Ursprung auf dem Timmelsjoch in knapp 2500m auf dem nur 43 km langen Weg nach Meran zu überwinden, wo sie in die Etsch mündet.  Forellenregion pur. Die Äsche kommt hier, wenn überhaupt allenfalls vereinzelt vor. Im Geläuf  tummeln sich neben der Marmorierten als endemisch vorkommende Forellenart auch Regenbogen-und Bachforellen. Letztere werden zwar seit einigen Jahren nicht mehr eingesetzt, da sie mit der Marmorata zu unfruchtbaren Mischlingen hybridisieren, aber sie sind in der Passer längst heimisch geworden und finden in den zahllosen Seitenbächen optimale Laichgründe zur Arterhaltung. Regenbogenforellen werden zwar zusätzlich, auch fangreif, besetzt, umfangreiche Selbstverlaichung ist aber mittlerweile eindeutig nachgewiesen. So hat hat man in der Passer die einmalige Gelegenheit auf wirklich "wilde" Rainis zu fischen. Diese "Alpensteelheads" sind von beeindruckender Schönheit und wachsen teilweise zu kapitalen Größen heran. Im Drill sind sie unbeugsam, ausdauernd und voller kluger Fluchten und Finten. Es versteht sich von selbst, dass man zur Bewahrung dieses eimaligen Schatzes auf eine Entnahme grundsätzlich verzichtet und sie schonend zurücksetzt. Das eiskalte, sauerstoffreiche Wasser sorgt, auch nach ausgedehnten Drills, für eine vergleichsweise gute Überlebenschance. Für das Abendessen stehen genug Besatzforellen oder die weniger geschätzten Marmorierten-Hybriden zur Verfügung.

Da jederzeit mit starken Fischen gerechnet werden muss, sollte die Vorfachspitze mindestens 0,18mm betragen. Das Abfischen der Taschen und Pools mit beschwerten Nymphen bringt erfahrungsgemäß die meisten Fische. Besonders beliebt sind Steinfliegenimitate wie Prince oder Copper John in Größen von 10 bis 16, aber auch indifferente Goldkopfnymphen werden gut genommen. An den Rauschen stehen oft kapitalste Exemplare, die am ehesten auf einen schnell geführten Streamer ansprechen.

An Schönwettertagen, am ehesten in den Mittagsstunden erfolgen an geeigneten Stellen oft überraschend starke Schlupfperioden von B. rhodani. Die Forellen beginnen dann wie wild zu steigen und vergessen jede Scheu und Vorsicht. Mit geeigneten feinen Mustern etwa in #16 kann man eine erstklassige Trockenfischerei erleben.

Lizenzen für die verschiedenen Abschnitte erhält man am leichtesten in den Tourismusbüros von St.Leonhard und St. Martin, die Preise bewegen sich je nach Strecke zwischen 25 und 50 Euro. In den letzten Jahren wurden an verschiedenen Abschnitten "No-kill"-Strecken etabliert, die teilweise einen sehr guten Bestand aufweisen. Aber dort ist der Befischungsdruck, zumal an Wochenenden auch recht beeindruckend.

In den letzten Jahren hat  es eine stärkere Rückbesinnung auf die marmorierte Forelle gegeben. Deren Bestände waren deutlich zurück gegangen. Sie wird heute auch in Fischbrutanstalten herangezüchtet und in verschiedenen Altersstufen in die Talflüsse Etsch, Passer und Eisack eingebracht.  Dadurch hat sich ihr Bestand wieder etwas erholt. Die negativen Auswirkungen der vielen Wasserkraftwerke an der Passer sind allerdings nicht zu übersehen und lassen dichtere Bestände kaum mehr zu. Es fehlt, trotz einiger renaturierter Abschnitte vielerorts immernoch an der Durchlässigkeit durch Wehre und sonstige Verbauungen. Der recht hohe Befischungsdruck tut sein übriges Ein Beispiel hierfür ist die Strecke Nr. 258, die auf  Meran zu führt . Sie ist landschaftlich besonders reizvoll und wurde über viele Jahre vom FV Meran gehegt und gepflegt, Fischerkarten wurden nur sehr maßvoll ausgegeben. Dementsprechend war der Fischbestand ausgezeichnet. Nach einem Pächterwechsel wurden die Kartenpreise halbiert und eine -mehr oder weniger unbeschränkte Zahl an Tageskarten verkauft. Damit ging ein schneller Niedergang einher, von dem wir uns beim letzten Besuch 2016 selbst überzeugen konnten. Man kann nur hoffen, dass hier bald ein Umdenken stattfindet und wenigsten die erlaubte tägliche Fangmenge von 4 Salmoniden deutlich verringert wird.

 

 

 

 

 

 

Typischer Tagesfang in der frühjährlichen Passer