Fliegenfischen im Bregenzer Wald       25.05. 2017 - 28.05. 2017

Dieses Mal war schon die Vorbereitung unserer Angelreise über das verlängerte Christi-Himmelfahrt –Wochenende extrem spannend. Mit anderen Worten: Wir konnten uns auf kein gemeinsames Ziel einigen. Nicht einmal annähernd . Es war eine unaufhörliche Streiterei. Zu viert und jeder wollte in eine andere Richtung. Dazu kam noch die Wetterprognose für die betreffenden Tage, die von Dauerregen und Hochwasser bis Hitzewelle und Trockenheit je nach Region kreuz und quer und hin und her schwappte. Nach schier unendlichen feierabendlichen Diskussionen um Slovenien, das salzburgische Almtal, einen Fluss  namens Torrente San Bernardino im Tessin, die Mera in der Lombardei und die eidgenösische Thur konnten wir uns am Ende erst unmittelbar vor Reiseantritt per erstrittenem Kompromiß auf nichts anderes einigen als den Bregenzer Wald mit dem 2. Größten Fluss nach dem Alpenrhein, der in den Bodensee mündet, die Bregenzer Ache. Niemandes Wunschziel, eher weil keiner dem anderen den Wunschfluss gönnte, wenn man schon seinen Eigenen nicht durchboxen kann. Sozusagen zur Strafe. Nur eine knappe Stunde von uns entfernt, genießt der Fluss, den wir eigentlich nur vom Hörensagen kennen trotzdem keinen guten Ruf bei uns. Miniforellen, Blinker/Wurmfischerei, unberechenbarer Schwall/Schwund-Betrieb und extrem überlaufen waren die meistgehörten Vorbehalte.

 

Trotzdem und ohne jede Gnade bewegten wir uns dann am Mittwoch abend nach Andelsbuch, ein kleines Dorf mitten im Bregenzer Wald, zu einer erst im allerletzten Moment gebuchten Ferienwohnung. Dort angekommen schien das erwartete Fiasko sogleich seinen Lauf zu nehmen, denn die gemietete Bude war bereits an Holländer vermietet worden. Holländer. Doppelbuchung über ein anderes Internetportal, stammelte die Vermieterin, indigniert mit den Achsel zuckend. Es täte ihr leid, aber diese blieben halt eine ganze Woche. Zum Abschied schenkte sie uns eine Packung Käse und schickte uns zu einer Freundin, „die nicht über das Internet buchbar wäre“.  

 

Zum Glück muss man im Nachhinein sagen, denn unsere neue Bleibe war der Hammer. Ein wunderschöner „Wälderhof“ inmitten von nach frisch gemähtem Bergheu duftenden Wiesen direkt an einem sich durch die wunderschöne Landschaft schlängelnden Bach. So schön hatten wir es noch nie. Eine riesige 5-Zimmerwohnung, original erhalten und geschmackvoll instand gehalten. Jedes Zimmer mit herrlichem Alpenpanorama.  Fortsetzung folgt

 

Nach einer geruhsamen, langen Nacht und einem herzhaften Frühstück ging es am nächsten Morgen ins Andelsbucher Käsehaus, wo es die Tageskarten für die Reviere des FV Bregenzer Wald gab.

 

Einige Tage vorher hatten wir einen email –Austausch mit Claus Elmenreich, der in Egg eine bekannte Fliegenfischerschule und einen gut sortierten FF-Shop betreibt.  Leider war er an diesem Wochenende komplett ausgebucht und der Laden war deshalb geschlossen. So waren wir  auf uns selbst angewiesen. Die Dame, die uns  völlig unbürokratisch  die Karten verkaufte, hatte –wie üblich- keine Ahnung. Die Vielzahl der Flüsse und Bäche rund um unser Quartier machte uns die Auswahl nicht leicht. Außer der Bregenzer Ache auf einer Länge von mehr als 60 km gibt es u.a. noch die Subersach, ein kleinerer Fluss in wildromatischer Alpenlandschaft, Weißach, Rotach und Bolgenach. Eine Entscheidung haben wir erst im Käseladen getroffen und so landeten wir, bei herrlichem Wetter, am Abschnitt 4 BA oberhalb von Egg, und teilten uns in 2 Grüppchen. Die einen nymphten flussauf während „W.“ und ich einige Pools flussab mit der Trockenen beackerten.

 

Der Abschnitt 4 gilt als das „Sahnestück“ und darf ausschließlich mit der Fliegenrute befischt werden.

Schon vom Auto aus, sah ich in dem Pool unterhalb der Wehranlage, wie einige Fische wild nach etwas stiegen. Erwartungsfreudig näherte ich mich vorsichtig und in gebückter Haltung der Stelle. Wohl nicht vorsichtig genug, denn das Steigen hörte schlagartig auf. Ich versuchte mein Glück trotzdem einige Zeit mit einer kleinen Eintagsfliege, ohne dass sich irgendetwas im, auf, oder über dem Wasser getan hätte.

 

Nach einiger Zeit wanderte ich einen Pool tiefer, wo mehr Strömung herrschte und hielt von Anfang an einen großen Abstand zum Geläuf und bewarf die verdächtigen Stellen von unten.

 

Das sollte klappen und die Wildfische fingen an nach meiner Mücke zu steigen. Aber sehr vorsichtig. Die ersten Bisse waren nicht zu verwerten, entweder drehten die Forellen im letzten möglichen Moment, sich bereits über die Fliege wälzend, den Kopf zur Seite oder sie stiegen nach einigen Sekunden aus dem Drill mit dem wiederhakenlosen Haken aus. Sehr spannend aber der einzige der sich festbiss war ich. Nach ein paar Würfen mit der gleichen Fliege, wurde diese dann völlig verweigert und ich musste alle 5 Minuten das Modell wechseln. Aber ausschließlich 16 oder kleiner. Köcherfliegen wurden komplett abgelehnt, obwohl hin und wieder eine über/aus dem Wasser flatterte.

 

So vergingen die Stunden. Es war ein zähes Ringen. Da ich im Laufe der Zeit auch größere und große Forellen steigen sah, konnte ich nicht aufhören diesen Run zu befischen, musste aber nach einiger Zeit akzeptieren, dass es unmöglich war, hier und jetzt noch zum Erfolg zu kommen. In meiner Not montierte ich eine Goldkopfnymphe ans Vorfach und warf sie ihnen hin. Sie wurde sofort gierig eingeschlürft und so fing ich innerhalb weniger Minuten einige dieser wunderschön gezeichneten Bachforellen, allerdings nur die Kleineren.

 

Mittlerweile schaute meine „Crew“ nach mir. Die Nymphomanen hatten natürlich abgeräumt. „I.“ hatte den Vogel abgeschossen. 43cm und ein Drill von 20 Minuten. Im nächstbesten Pool, direkt an der Straße mit einer grauen Goldkopfnymphe. Und sonst noch jede Menge schöner Bachforellen über 30cm…..

 

Wir gingen dann Mittagessen. Anschließend, es war allmählich sehr heiß geworden, nahmen wir ein herrlich erfrischendes Bad in der eiskalten Ache. Den Rest des Nachmittags verbrachten wir, wegen des Bieres, einträchtig nebeneinander schlafend unter schattigen Uferbäumen.

 

Für den Abendsprung  fuhren wir alle Vier zusammen zum unteren Revierende, wo sich jede Menge wunderschöne Pools und Runs befinden. Als die brennende Sonne endlich hinter den Bergrücken verschwunden war und die Strecke in einen dämmrigen Schatten fiel, kam meine große Stunde. Mit einem feinen Rotspinner im Devaux-Stil fing ich eine ganze Menge schöner Bachforellen, darunter auch einige Größere. Im Gegensatz zu den allenfalls spitzig genommenen  Eintagsfliegen saugten sie den Roten genüßlich ein und die Verlustrate war dementsprechend niedrig. Die Nymphomanen blieben blank und drängten auf die Heimfahrt, während ich nicht genug bekommen konnte von der spannenden Fischerei. Kurz vor dem Einnachten kehrten wir hungrig und müde zu unserer Unterkunft zurück.

 

Unsere Wirtin erwartete uns schon ungeduldig vor dem Haus  mit einer Flasche Enzian in der Hand und erzählte uns am Küchentisch den ganzen Abend von ihrer Kindheit und Jugend in den Bergen. Wir lauschten ihren spannenden Erzählungen  andächtig wie kleine Buben. Dabei wollten wir eigentlich unbedingt diese seltsame  schwarze Fliegen nachbinden, die überall an den Ufern herum schwirrte. „Macht nix, Jungs, die ist sowieso nur am Ufer, im Wasser hab ich sie noch nie gesehen“ hörte ich mich noch sagen, bevor mich der Schlaf übermannte.

 

Den nächsten Tag fischten wir nochmals an der Nr.4. Einige Abschnitte hatten wir noch gar nicht befischt, andere waren so schön gewesen, dass wir sie unbedingt noch einmal befischen wollten. Es war schon am Morgen sehr heiß und der Himmel völlig wolkenlos. Ich befischte mit „I.“ den oberen Streckenabschnitt, er mit seiner grauen Nymphe und ich mit der Trockenfliege.

 

So drillten wir, mal er, mal ich, in fast jedem Pool wundervolle, unberührte Bachforellen. Aber meine Aussteiger-Quote blieb auch an diesem Tag mit 98 Prozent außergewöhnlich hoch.

 

Es war offensichtlich, dass sie zwar meine kleinen grünen Eintagsfliegen gelegentlich nahmen, aber eigentlich hinter irgend Etwas anderem her waren. Immer wieder sprangen, auch kapitale Brocken mit ihrem gesamten Körper aus dem Wasser, als wollten sie Hochsprungrekorde aufstellen. Für die Duns, die eigentlich den ganzen Tag auf dem Wasser trieben, wären diese Kunststücke nicht nötig gewesen. Auch beobachtete ich einen eigenartigen Rhythmus. Entweder stiegen alle oder es herrschte absolute Ruhe. Besonders gut fing man mit der Trockenen, wenn starke Windböen das Wasser kräuselten. Klar, dachte ich, dann sehen sie halt das Vorfach nicht.

 

So fischten wir mit mehr oder weniger  Erfolg, an „I.“´s Nymphenrute tat sich auch nicht mehr viel, solange bis die Hitze schier unerträglich wurde. Der Rest des Tages verlief exakt gleich wie am Vortag. Wir trafen uns, gingen Essen, badeten und schliefen uns unter Bäumen aus. Den Abendsprung verbrachten wir zu viert im gleichen Flussabschnitt wie am Vorabend. Ich fing in der hereinbrechenden Dämmerung noch einige schöne Fische. Mit Nymphen ging gegen Abend, ohne die Sonne, gar nichts mehr. Mit meinen Rotspinnern wollten die Jungs aber trotzdem nichts zu tun haben.

 

Am Häuschen wartete wieder unsere Wirtin auf unsere Rückkehr. Mit einer Flasche Enzian und jeder Menge neuer Geschichten.

 

Gegen 23 Uhr verabschiedete Sie sich und ich beschloss doch noch einige dieser schwarzen Uferfliegen, denen ich bisher keinerlei  Bedeutung zuschrieb, nachzubinden. Meiner Crew band ich noch einige dieser kleinen grünen Eintagsfliegen, die wenigstens ab und zu genommen wurden. Die Nymphenfraktion war, so schien es,  bereit für den Paradigmenwechsel.

 

 

 

Am 3. Tag fischten wir weiter flussaufwärts im Abschnitt 5, an dem neben der Fliegenrute auch Spinnfischen erlaubt ist. Die Hitze hatte nochmals zugenommen und schon am Vormittag war es extrem heiß. Kein Lüftchen wehte und zunächst rührte sich auch absolut nichts im Wasser. Wir suchten während der Fischerei immer wieder schattige Plätze in der Ufervegetation auf oder steckten unsere Köpfe ins kalte Achenwasser.  Im Laufe der Zeit entfernten wir uns so immer weiter voneinander und irgendwann war ich allein in dieser grandiosen Alpenlandschaft. Geradezu unheimlich.

 

Nach einer Weile gelangte ich durchgeschwitzt an einen schönen Pool, der an der tiefsten Stelle etwa 2,50m tief sein durfte. Es sollte für mich die entscheidende Stelle für diese Tour werden.

 

Ich sah Bachforellen steigen und brachte mich mit einer kleinen Eintagsfliege in Position. Alles wiederholte sich. Es wurde genommen, aber nur sporadisch und dann nicht richtig . Bei Wind war der Teufel los und mit ein bisschen Glück wurde dann auch die kleine Grüne genommen, aber ohne Wind keine Chance, auch mit dem dünnsten Vorfach nicht. Aber dieses Mal war ich so dicht am Wasser, dass ich die schwarzen Biester, die der böige Wind über das Wasser wehte, deutlich sah. Und wie die Forellen danach aus dem Wasser sprangen. Bibio marci, schoss es mir durch den Kopf. Wie konnte ich nur so lange brauchen, für diese Erkenntnis. Zwar eher eine Fliege für den März und April, aber in dieser Höhe (auf knapp 1000m) eben später. Und auf den durch den Schwall temporär überfluteten Uferbereichen findet die Hagedorn-Fliege offensichtlich einen optimalen Lebensraum.

 

Bevor ich mir eine Bibio ans Vorfach knüpfen konnte,  passierte noch folgendes. Nein kein Anglerlatein. Am oberen linken Rand des Pools, gerade hinter dem großen Felsen sah ich, nur einen kleinen Moment, die Schwanzflosse einer wirklich kapitalen Forelle, so groß wie die eines Blauwaals. Sie stand da wo die Unfangbaren eigentlich immer stehen. Mit dem Kopf flussab, direkt am Rand und saugte wahrscheinlich die Hagedornfliegen ab, die der Wind an diese Stelle wehte.

 

„Nicht anwerfen“ sagte die Stimme zu mir, doch mein linker Wurfarm war anderer Meinung und das Mißgeschick nahm seinen Lauf. Die kleine Pardon-Fliege landete keine 30cm vor Ihrem Standplatz, fast direkt am gegenüberliegenden Ufer. Als die Strömung die Fliege am vermuteten Platz vorbeigondelte, spritze nur kurz das Wasser auf. Ich schlug an und „Es“  schwamm auf mich zu. Ich holte die Schnur ein, denn den Trick kannte ich schon von den Anderen. Als sie den Wiederstand des gestreckten Vorfachs spürte, macht sie kehrt und der „Aufprall“ riss mir fast die 4er-Rute aus der Hand. Was dann folgte, dauerte eine Ewigkeit von ca. 20 Minuten und ist doch schnell erzählt. Zuerst duellierten wir uns im Pool, dann flüchtete sie wild um sich schlagend flussaufwärts über kaum knöcheltiefes Wasser und verschwand unter einem Felsblock. Ich rannte mit hocherhobener Rute und gespannter Schnur hinterher und suchte sie dort auf. Als sie mich kommen sah, schoss Sie den Fluss wieder hinab, zurück in den Pool, ich wieder hinterher. Im Pool, so dachte ich, kann ich sie in Ruhe vorsichtig abdrillen, denn eigentlich war mein Geraffel samt Vorfach überhaupt nicht geeignet für so einen Ausnahmefisch jenseits der 50er. Also gab ich ihr etwas Schnur, was sich als Fehler erwies. Sie spürte meine Schwäche und verdrückte sich zwischen zwei Felsblöcken am Beckengrund. Da standen wir nun. Zwar spürte ich Sie hin und wieder, aber so war sie sicher vor mir. Ich wartete. Aber nix passierte. Der Fisch bewegte sich nicht und die Minuten vergingen. Ich querte den Pool unterhalb im seichteren Wasser und versuchte es von der anderen Seite. Nix zu machen. Dann griff ich mir einen am Ufer herumliegenden längeren Ast und stocherte in den Spalt hinein, indem sie hockte. "Es" kam herausgeschossen, wickelte sich irgendwie mit dem Vorfach blitzschnell um den Ast herum, es knallte und der Fisch war frei. Weg. Adieu.

 

Ich ertrug es mit großer Fassung, denn wie gesagt, meine Ausrüstung war einem solchen Brocken nicht gewachsen gewesen.

 

Den Rest des Tages war dann eine  spannende Trockenfischerei hinauf bis zum Wehr. Bei jedem Wind explodierte das Wasser in den vielen Pools und sie nahmen „die Schwarze“ als gäbe es kein Morgen mehr. Zwar war die Verlustrate immer noch exorbitant hoch, aber das war uns egal. Am Ende des Nachmittags hatte ich 2 wirklich schöne Bachforellen, die es zum Abendessen geben sollte.

 

Mehr haben wir dann auch nicht mehr geschafft an diesem Hitzewochenende. Die Subersach muss warten, denn am Sonntag waren wir, auch wegen der Hitze, völlig platt und fuhren zurück an den Bodensee.

 

 

 

Fazit: Lohnt sich!!!  Spannende aber auch anspruchsvolle Fischerei in herrlicher, alpiner Umgebung. Wegen der Komlexität der Fischerei auf scheue Wildforellen und der langen, teilweise abgelegenen Streckenabschnitte empfiehlt sich ein längerer Aufenthalt sowie ein einführendes oder begleitendes Guiding. Der stellenweise dichte Salmonidenbestand rekrutiert sich ausschließlich aus autochthonen Bachforellen. Sömmerlinge und Brut werden unter großen Mühen aus den Nebenbächen in die Ache umgesetzt um den Bestand zu optimieren (wir konnten es selbst beobachten). Absolut intakte Alterspyramiden. Größere Fische sind genügend vorhanden, müssen sich aber verdient werden. Der Befischungsdruck hält sich in  gut erträglichen Grenzen. Nicht selten ist man allein am Fluß. Dies mag auch an den weitläufigen Revieren und der Vielzahl an Flüssen im Bregenzer Wald liegen.

 

Die Gegend hat auch abseits der Fliegenfischerei jede Menge zu bieten und ist deshalb insbesondere auch als Familienurlaub mit Fliegenfischen zu empfehlen. Achtung: In den Sommermonaten wird im Fluss viel gebadet und an den Ufern gelagert. Dies stört gelegentlich die Fischerei( aber nicht die Fische). Man sollte dann auf abgelegenere Abschnitte und die frühen Morgenstunden bzw. Abends ausweichen.

 

 

Tageskarten für die einzelnen Reviere Euro 40,00 (2017) zzgl.10,00  Euro Pfand.

 

Flyfishing Elmenreich, Egg, T +43 (0)664 4146482

 

Käsehaus Andelsbuch

 

Nur ohne Wiederhaken. Es dürfen bis zu 3 Bachforellen pro Tag entnommen werden.