Warum fischen wir keine Palarettas mehr??

Ein Fänomen ist es schon. Viele altbewährte Fliegenmuster sind mehr oder weniger aus unseren Boxen verschwunden und keiner merkt es oder stört sich daran. Dabei hat sich der Geschmack der Fische sicher weit weniger geändert als die Vorlieben der Angler. Ein gutes Beispiel ist die Palaretta, die in früheren Jahren zur Grundausstattung eines jeden Fliegenfischers gehörte. Heute ist sie nahezu "verschollen". Die Frage, warum dies so ist, kann man nicht eindeutig beantworten. Vielleicht sowas: Das Fliegenfischen mit Nassfliegen fristet hierzulande allgemein ein Schattendasein. "Neue" Muster wie Goldkopfnymphen, Fischeierimitationen, Wooly-Bugger und zauselige CDC Fliegen dominieren den Markt. Den Adams, Gordon Quill, Ritz D´s geht es ja fast genauso an den Kragen wie der Palaretta.

Die Palaretta mag dabei in gewisser Hinsicht ein Sonderfall sein. Denn ihr wirft man konkret vor, dass sie nichts- aber auch gar nichts imitiert und allenfalls als "Suchfliege", als letzter Versuch taugt, bevor man als Schneider nach Hause geht. Diese Behauptung ist richtig und falsch zugleich. Denn über keine andere populäre Fliege weiß man so wenig wie über sie. Nicht einmal die korrekte Schreibweise steht fest. Ein T oder Zwei, niemand kennt sich aus. Sie käme aus Frankreich und wäre von einem Herrn Louis Carrere 1937 oder 1938 erstmals gebunden worden. Stimmts?? Stimmt nicht. Sie stammt natürlich aus Spanien und ist viel, viel älter. "Freihändige" Recherchen in der mir zur Verfügung stehenden franco-iberischen Literatur haben ergeben, dass die Palaretta eine uralte "Pilgerfliege" ist, die bereits im Mittelalter im Umfeld des Jakobswegs  entstanden sein soll. Einheimische angelten mit dieser Fliege in den  fischreichen Bächen  Hochkataloniens um die hungrigen Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostella mit Fisch zu versorgen (Mc Donalds kam erst später) . Der Name Palaretta bekam sie, weil das Gelb des Körpers dem der in den Höhen Katalaniens endemisch vorkommenden gelbfarbenen Bachstelze (Bergeronette) gleicht. Sie soll eine dort, in den glasklaren, unberührten Bergbächen vorkommenden  Steinfliegenart, genauer einer bestimmten Isoperla- Variante nachempfunden worden sein. Damit wäre der Vorwurf, die Palaretta sei nichts als eine Fantasiefliege nicht länger haltbar. Zumindest wenn das alles so stimmt. Wobei wenn man es genau nimmt bliebe sie für uns trotzdem nur ein "Attractor", denn eine solche Steinfliege kommt bei uns nicht vor. Hier exakte Nachahmung, dort Fantasiefliege, dafür stehen einige bekannte Muster, nicht zuletzt der in den letzten Jahren zu uns herübergeschwappte "Stimulator", der sich in unseren heimischen Gewässern als Suchfliege einer wachsenden Beliebtheit erfreut, in Nordamerika jedoch als Nachahmung einer dort weit verbreiteten Steinfliegenart (Isoperla mormona) verwendet wird.

 

Dr. ? Carrere hat die "Palaretta"  lediglich in seinem `viel beachteten Buch "Mouches noyée (1934) ausserhalb Spaniens bekannt gemacht. Von da aus verbeitete sich die hübsche Nassfliege allmählich über ganz Resteuropa.

Stichproben bei den größeren deutschen Einzelhändlern haben ergeben, dass kein Einziger mehr diese Fliege im Sortiment hat. Die Exemplare, die man im einschlägigen Internethandel käuflich erwerben könnte, sind nicht nur von erbärmlicher Qualität sondern schlicht keine Palarettas. Zwar ist der gelbfarbene schwarzgerippte Körper mehr oder weniger original erhalten geblieben auch wenn es damals noch kein Epoxidharz oder UV-Lack gegeben haben dürfte, aber die Flügel aus billigsten Weichhecheln und wie bei Köcherfliegenmustern flach nach hinten eingebunden: Das hat mit Palaretta nichts mehr zu tun.

Studiert man die betreffende französisch/spanische Literatur so steht fest: Die Palaretta wird aus den Fibern des "Gallo de Leon" gebunden. Hahn und Fliege haben die gleiche Herkunft und sind untrennbar miteinander verbunden. Eine Palaretta ohne Gallo ist Schund bzw. billigste Fälschung. Und die Bindeweise entspricht unbestreitbar der "montage a´l´espagnole bzw. montage a´la catalane. Dies bedeutet, dass der Flügel halbkreisförmig und in annähernd senkrechter Stellung eingebunden wird.

Warum?? Weil sich sonst eine Luftblase zwischen dem steifen dem Körper eng anliegenden Flügel und Körper bilden würde und die Fliege damit unbrauchbar würde. Also wenn schon mit Coq de Leon, dann aufrecht. Mit beweglichen Weichhecheln bildet sich wahrscheinlich eher keine Luftblase, aber es ist dann eben auch keine Palaretta mehr.

Bindetechnik: Im Original ist die Palaretta, wie andere spanische Nassfliegen am Flussufer "aus der Hand heraus" gebunden worden. Ein Haken, zwei Fäden in Pikringelb und Schwarz. Zuerst den Körper wickeln und rippen und dann einige Fibern des GdL von vorne aufgepfropft, eingebunden und mit dem Daumennagel so lange gespreizt, bis die typische halbkreisförmige Flügelstellung erreicht war. Fertig. Hört sich einfach an, ist es aber nicht, auch nicht unter Zuhilfenahme eines neumodischen Bindestocks. Jedenfalls nicht für unsere Finger. Der Flügel tendiert doch dazu in die halbflacheStellung zu geraten und vom Halbkreis ist auch nicht viel zu sehen. Denn die typische Form des Körpers mit dem dickeren Bauch/Thorax und der Verjüngung hin zum Hakenöhr erschwert die Sache ungemein. Es fehlt einfach der "Druckpunkt" zum Aufrichten der Hechel. Vom Spreizen der Fibern ganz zu schweigen. Aber ohne diese beiden charakteristischen Merkmale ist diese Nassfliege nicht austariert und kippt unter Wasser ab, anstatt in der aufrechten Position abzutreiben. Sie verliert so ihre "tödliche" Wirkung weitgehend.
Deshalb rate ich dazu, die von Louis Meana in den 90er Jahren entwickelte Bindetechnik anzuwenden, die für unsereins besser zur Nachahmung geeignet erscheint.

Du benötigst dafür einen "Iqualador" oder einen kleinen Hairstacker, gut geht auch eine großkalibrige Patronenhülse. Spanne einen geraden langschenkligen Nassfliegenhaken #12 ein und schneide die Fibern einer guten schwarzweiß gespenkelten GdL Feder beiderseits ab und verbringe die Fibern in den Stacker. Sei vorsichtig dabei, es bedarf ein wenig Übung mit den feinen Fibern. Stacken ist so eine Sache. Du kannst die Spitzen auch mit den Fingerkuppen etwas nach unten drücken um sie auf gleiche Länge zu bringen.

Mach einige Fadenwindungen ca.0,5cm hinter dem Öhr. Nimm dann die Fibern mit der linken Hand auf und lege sie parallel zum und auf den Hakenschenkel. Fixiere sie mit einigen Windungen, die erste davon nicht anziehen sonst lassen sich die Fibern hernach kaum mehr spreizen. Benutze einen schwarzen Faden, mit dem du später die Rippung und das Köpfchen formst.

Wenn du mit dem schwarzen Faden am Hakenbogen bist, lass ihn einfach dort mitsamt Bobbin herunterbaumeln und verwende für den Körperaufbau am Besten Floss, Gosshamer oder Gütermann-Seide. Jedenfalls einen flachen und keinen runden Faden. Und nicht zu fein, sonst musst du einen Tag Urlaub nehmen für eine Palaretta. Sie ist nämlich ein kleines Pummelchen...Wenn du damit fertig bist ist der Augenblick für die Lackierung jetzt am günstigsten.Nimm flüssigen Bindelack, wenn du Zeit hast, am besten 2mal. Aber es dauert Stunden bis er vollständig trocken ist. Eilige können auch UV-Lack benutzen und diesen mit Nagellack o.ä. überlackieren, sonst bleibt er meistens leicht klebrig.

Spreize jetzt die Fibern mit dem Daumennagel und mach ein paar Fadenwicklungen hinter dem Öhr.....

Nimm dann die gespreizten Fibern mit der linken Hand auf und halte sie in dieser Stellung. Binde sodann einen hübschen Kopfknoten, der abschließend auch noch lakiert wird.

Du kannst die Fibern zum Schluss nochmals spreizen, am besten mit dem Daumennagel der einen und Zug der anderen Hand.

Jetzt ist es geschafft. Der Flügel darf ruhig, wie auf dem Bild etwas spärlich ausfallen, es ist ja keine Trockenfliege.